Die neue Arbeitswelt: Vertrauen schaffen durch Transparenz - Feelgood Talk #9 mit Leadership Coach und Feelgood Managerin Sabrina ten Brink
18.12.2024 | In diesem Format, dem "Feelgood Talk", spreche ich mit anderen Feelgood Manager*innen und Kulturgestalter*innen über ihre Arbeit und wir philosophieren gemeinsam über Feelgood-Themen. Diesmal zu Gast: Sabrina ten Brink! Sabrina ist Leadership-Coach und Beraterin, die sich für eine menschenzentrierte Arbeitswelt engagiert. In nur 5 Jahren hat sie aus einem Küchentisch-Start-up ein Unternehmen mit fast 50 Teammitgliedern geschaffen, das sich auf die Qualifikation von New Work Expertinnen und die Beratung von Unternehmen spezialisiert hat. Ihr Unternehmen FeelGood Trainings & Coachings ist ein zertifizierter Bildungsträger für New Work und bildet Feelgood Managerinnen aus.
Hier das ganze Interview als Video ansehen:
https://youtu.be/WgFvXHU9Xk0
Das Interview als PDF runterladen.
Der 9. Feelgood Talk mit Sabrina ten Brink
Vera: „Liebe Sabrina, wie schön, dass du da bist!“
Sabrina: „Hi und danke für die Einladung. Ich freue mich sehr.“
Vera: „Wir kennen uns ja schon einige Jahre über das Feelgood Management. Mich interessiert zu Beginn: Wie bist du überhaupt damit in Berührung gekommen und wie war dein Weg?“
Sabrina: „Ich war über 17 Jahre in einem großen Konzernunternehmen angestellt. Dort habe ich miterlebt, was es mit einem Unternehmen macht, wenn die Unternehmenskultur leidet. Und damals dachte ich mir, dass es doch nicht so schwer sein kann, zwischenmenschliche Beziehungen zu bauen und wirklich gut zu halten – auch in einem großen Unternehmen. Und dadurch bin ich aufs Feelgood Management gestoßen und habe mich dem Bereich weitergebildet.“
Vera: „Und wie ging es dann weiter?“
Sabrina: „In meiner Weiterbildung zur Feelgood Managerin habe ich gemerkt, dass mir trotzdem noch der Praxisbezug fehlt. Dabei wurde mir bewusst, dass es dafür auch nicht nur eine Person als Ausbilder*in braucht, sondern mehrere Expert*innen, die verschiedene Bereiche aus der Praxis abdecken. Daher kam die Idee, selbst eine solche Ausbildung aufzusetzen. Ich habe mir dann zunächst eine Auszeit genommen, um zu überlegen, was ich wirklich will und was ich langfristig machen möchte. Das Ergebnis daraus war, dass ich gerne etwas in Unternehmen bewegen und sie durch ihre Transformation begleiten möchte. Und dass ich eine praxisorientierte Ausbildung zum Feelgood Management aufsetzen möchte“
Vera: „Und dadurch ist dein Unternehmen ‚Feelgood Trainings & Coachings‘ entstanden?“
Sabrina: „Genau. Ich wollte mir ein Team suchen, mit dem ich diese Ziele gemeinsam erreichen kann. So ist die Idee eigentlich als Küchentisch-Startup entstanden“
Vera: „Wie war das am Anfang? Was hat gut geklappt und was ist vielleicht auch nicht so glatt gegangen?“
Sabrina: „Am Anfang stand eben die Idee mit der Ausbildung. Ich habe dann direkt ein relativ großes Bürogebäude angemietet und einen Seminarraum eingerichtet. Alles war fertig eingerichtet – und dann kam Corona. Da kamen natürlich die ersten kritischen Stimmen, dass Feelgood Management gerade jetzt nicht laufen wird. Also, Unternehmen sagen zu wollen, dass sie ihre Mitarbeitenden gut behandeln sollen, sei ja löblich, aber das würde jetzt keiner brauchen. Und natürlich habe ich in diesem Moment auch selbst gezweifelt. Tatsächlich war die ersten Monate hier Totenstille. Da hatte ich viel Zeit, mich um die Website zu kümmern und auch viel zu netzwerken. Dabei habe ich meine jetzige Akademieleiterin Pia Berger kennengelernt – und wir beide haben uns auch kennengelernt. Und da kam mir der Gedanke: Wenn es nicht in Präsentform geht, dann gehen wir eben online!“
Vera: „Wie kann man sich die Ausbildung bei euch denn vorstellen?“
Sabrina: „Wie beleuchten ganz verschiedene Bereiche, die fürs Feelgood Management wichtig sind, und arbeiten dafür mit vielen Expert*innen zusammen, die unseren Teilnehmenden das Praxiswissen vermitteln. So kombinieren wir einen theoretischen Basisteil mit wöchentlichen Live-Calls. Dabei arbeiten die Teilnehmenden auch ihr eigenes Konzept aus, welches sie in Unternehmen dann auch praktisch umsetzen können. Wir unterstützen die Teilnehmenden also ganz stark darin, auch wirklich ins Tun zu kommen: Wir vermitteln ihnen einen Plan, wie es losgehen kann und sind ihre Sparrings-Partner*innen. Feelgood Management ist nämlich sehr viel mehr als z.B. nur der Bereich Mitarbeitenden-Benefits.“
Vera: „Welchen Ansatz von Feelgood Management verfolgt ihr damit in eurer Ausbildung?“
Sabrina: „Wir definieren Feelgood Management nicht als Einbahnstraße. Also es geht nicht darum, den Mitarbeitenden das Paradies auf Erden zu schaffen, sondern wir haben dabei die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens im Blick. Natürlich wollen wir, dass sich alle wohlfühlen, aber genauso soll auch die Geschäftsführung morgens gerne ins Büro kommen, weil das Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich ist. Nur wenn diese Basis stimmt, dann geht es letzten Endes auch allen gut.“
Vera: „Damit geht ja sicher einher, auch mal härtere Entscheidungen zu treffen, oder?“
Sabrina: „Genau, manchmal bedeutet es auch, sich von einem Menschen zu trennen – wenn das für das gesamte Team so besser wäre. Oder auch sich von einer Führungskraft zu trennen, die einfach nicht in der Lage ist, zu führen, sondern eben ‚vorgesetzt‘ wurde. Da ist es wirklich wichtig, gut hinzuschauen, wie man sich optimal aufstellt. Und auch das kann Feelgood Management sein.“
Vera: „Noch einmal zur Ausbildung: Was für Menschen kommen da zusammen, um Feelgood Management zu lernen?“
Sabrina: „Das sind Menschen, die wirklich etwas bewegen wollen; und das spürt man. Einige kommen aus dem Schmerz heraus, dass sie eher ‚Feel bad‘ erlebt haben und welche Folgen das für die Menschen hat. Andere spüren einfach in sich den Aktionismus, die Welt verbessern und etwas Gutes tun zu wollen. Oft geht es auch darum, einen Job auszuführen, der Sinn stiftet. Das sind so unterschiedliche Menschen, aber alles großartige Macher’innen, und das ist einfach schön. Alle lernen voneinander und beflügeln sich gegenseitig durch das Schwarmwissen der Community.“
Vera: „Ich bringe immer eine Frage aus dem letzten Feelgood Talk mit. Und Mandy Mewes hat mir folgende Frage mit auf den Weg gegeben: ‚Was hat dich dazu bewogen, das zu tun, was du jetzt tust? Also deinen Beruf oder deine Berufung zu leben?‘ – wenn du so ein Fazit ziehst?“
Sabrina: „Ich möchte verhindern, dass andere Menschen in dieselbe Arbeitsfalle tappen. Also in das berühmte Hamsterrad, in dem man immer einfach weiter rennt; einfach immer weiter macht. Und ich möchte Unternehmen aus der Rolle der drei Affen rausholen: Einer sieht nichts, einer hört nichts, einer spricht nicht. Ich möchte mit ihnen hinsehen, denn wenn man daran nichts ändert, dann wird es diese Unternehmen in zehn Jahren auch nicht mehr geben. Weil sie keine Leute mehr kriegen. Wenn man keine Menschen mehr begeistern kann für sich bzw. die Sache zu arbeiten zu arbeiten, dann muss man langfristig die Tore schließen. Ich möchte daran mitwirken, die neue Arbeitswelt zu gestalten. Eine stabile Wirtschaft ist so wertvoll und wichtig und das schaffen wir nur mit den Menschen, die darin arbeiten.“
Vera: „Stichpunkt neue Arbeitswelt: Wie ist dein Blick auf das Thema New Work, was ihr euch als Bildungsträger ja auch groß auf die Fahne geschrieben habt?“
Sabrina: „Die neue Arbeitswelt ist eine komplett andere, weil die Menschen, die jetzt in diese Arbeitswelt reinkommen, eine ganz andere Generation sind. Es wir alles schneller. Es kommen immer wieder neue Themen auf den Tisch. Und es ist wichtig, dass wir uns darauf einstellen und diese Themen integrieren. Wir können nicht einfach weitermachen, wie bisher. Daher bilden wir auf der einen Seite im Akademiebereich Menschen weiter in den Bereichen Diversity Management, Feelgood Management, Coaching und Konfliktberatung. Und auf der anderen Seite unterstützen wir Unternehmen in Form von Beratung.“
Vera: „Worauf achtet ihr in der Beratung besonders?“
Sabrina: „Wir haben eine Art Feelgood-Schablone entwickelt, der unser Fahrplan ist als Beratungskonzept. Und ganz wichtig ist gleich zu beginn die Bestandsaufnahme. Diese ist wichtig für den gesamten Prozess, der danach kommt. Man muss schauen, in welcher Situation sich das Unternehmen befindet und wie das Stimmungsbild ist. Was tut das Unternehmen schon? Welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen? Was sind die Werte? Und spiegeln diese sich auch in der Belegschaft wider? Das sind einige Punkte aus unserem kompletten Katalog zur Bestandsaufnahme.“
Vera: „Das klingt toll, warum machen das nicht alle so?“
Sabrina: „Es kostet auf der einen Seite viel Zeit. Deswegen widmen sich dem nicht alle Unternehmen. Und auf der anderen Seite muss man dabei auch das Visier hochklappen und sich den Status Quo wirklich ehrlich anschauen. Dem möchte sich auch nicht jeder unbedingt stellen, ganz nach dem Motto ‚Was ich nicht sehe, existiert auch nicht‘. Es braucht also auch viel Mut in der Analysephase.“
Vera: „Habt ihr dafür bestimmte Hilfsmittel, mit denen ihr arbeitet?“
Sabrina: „Wir arbeiten mit einem coolen Tool, und zwar dem Team Echo. Das ist eine Software, die quasi ein Stimmungsbarometer zeigt. Dafür bekommen die Mitarbeitenden regelmäßig kleine Fragen aus einem Fragenpool gestellt, die kurz und knapp beantwortet werden können, anstatt eine große umfassende Mitarbeitendenbefragung einmal im Jahr. So werden durchgängig repräsentative Antworten generiert, durch die auch Veränderungen auffallen. Dadurch kann auch gemessen werden, inwiefern sich die Stimmung z.B. nach einer Bekanntgabe verändert. Und die Mitarbeitenden können sich auch zu allen Themen offen äußern. Einen besseren Blick kann man fast gar nicht bekommen und das hilft uns als Berater*innen natürlich auch dabei zu wissen, an welchen Stellschrauben angepackt werden muss.“
Vera: „Und arbeitet ihr zunächst mit den Geschäftsführenden oder Führungskräften oder wie ist euer Ansatz?“
Sabrina: „Wir arbeiten von Anfang an wirklich mit allen. Wir sind auch da sehr transparent. Transparenz ist ja auch einer unserer wichtigsten Werte, die wir hier bei FeelGood Trainings auch leben. Und das vermitteln wir auch in Unternehmen: ‚Ihr müsst transparent sein. Ihr müsst mit den Ergebnissen der Befragung offen umgehen. Ihr müsst euren Mitarbeitenden zeigen, dass ihr sie ernst nehmt und euch nicht verschließen.‘ Das Wichtigste bei dieser Arbeit ist Vertrauen. Ob wir als Berater*innen da reingehen oder ob ich als Geschäftsführer*in vor meinem Team stehe: Es geht schlichtweg immer um Vertrauen! Wenn ich das Vertrauen meiner Belegschaft habe und das nicht bewusst verletze, dann habe ich immer einen größeren Vorteil als alle anderen. Und das schaffe ich nur, indem ich ehrlich und transparent bin.“
Vera: „Wie können Führungskräfte denn Vertrauen zeigen?“
Sabrina: „Indem sie auch zugeben, wenn mal etwas schief gegangen ist, und dafür Verantwortung übernehmen. Wenn sie zeigen, dass sie auch nicht unfehlbar sind und dass Fehler gemacht werden dürfen. Das schafft Vertrauen. Und wenn man Vertrauen hat in der Zusammenarbeit, dann können auch mal Dinge schief laufen, aber man kriegt sie miteinander hin. Wenn allerdings das Grundvertrauen fehlt, dann können auch Kleinigkeiten schon riesengroß werden. Vertrauen ist immer ein Vorschuss. Und man stellt es unter Beweis, wenn man seine Leute von Anfang an mit ins Boot holt.“
Vera: „Auch im Beratungsprozess?“
Sabrina: „Gerade dann. Das Schlimmste, was man tun kann, ist, sich externe Berater*innen ins Haus zu holen und die irgendwo in einen Raum zu sperren: Die Belegschaft weiß, dass sie da sind, aber keiner weiß, was genau die da tun. Und dann kommt irgendwann ein Plan raus, auf dem groß „Restrukturierungsmaßnahme“ steht. Danach braucht man nicht mehr über Vertrauen zu sprechen. Deshalb holen wir die Leute direkt mit ins Boot von Anfang an. Damit schafft man eine Vertrauensbasis und die Leute spüren, dass ihre Stimme zählt und dass sie mitgestalten können.“
Vera: „Das ist ein super schönes Abschlusswort. Vielen lieben Dank, Sabrina, dass du beim Feelgood Talk dabei warst!“
Sabrina: „Ich hatte ganz viel Spaß mit dir und danke dir sehr für die Einladung!“
Das Interview als PDF runterladen